Schwerpunktanalysen

Biodiversität im Finanzmarkt

Biodiversität ist die Grundlage unseres Lebens. Sie ist von essenzieller Bedeutung für das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten und damit auch für die Stabilität und Resilienz der globalen Wirtschaft. Angesichts des rasanten Artenrückgangs setzt sich diese Erkenntnis immer weiter durch. In diesem Zusammenhang wird die Frage immer drängender, wie Finanzinstitute dazu beitragen können, die Biodiversität nicht weiter zu schädigen, sie zu erhalten und aktiv zu fördern.

Für den diesjährigen Marktbericht wurden Fragen bezüglich des Umgangs sowie Einschätzungen von Finanzinstituten zu Biodiversitätsrisiken in die Erhebung mit aufgenommen. Die Befragung zielt darauf ab, die aktuellen Herangehensweisen der Teilnehmenden bei der Integration von Biodiversitätsaspekten in ihren Geschäftspraktiken nachzuvollziehen.

Etwas mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Teilnehmenden in Deutschland und Österreich konzentrieren sich hauptsächlich auf die Bewertung von Klimarisiken, während die Einbeziehung von Biodiversitätsrisiken noch in einem frühen Stadium ist.

16 Prozent der Befragten haben bereits erste Risikoanalysen durchgeführt. Die Anwendung von Daten-Tools ist entscheidend für eine adäquate Biodiversitätsanalyse des Portfolios und wurde bereits von 43 Prozent der Befragten getestet.

Die Mehrheit der Finanzinstitute sieht das Fehlen qualitativ hochwertiger Daten als größtes Hindernis für die Integration von Biodiversität an. Obwohl einige Unternehmen bereits externe Datenquellen wie Forest 500, TRASE oder Iceberg Datalab nutzen, entscheiden sich viele Finanzhäuser aufgrund der aktuellen Datenlage dafür, der Biodiversitätsanalyse eine untergeordnete Rolle zuzuweisen.

Eine kleinere Gruppe von 13 Prozent hat bereits relevante Risikotreiber und Transmissionskanäle in Zusammenhang mit Biodiversität in Risikokategorien definiert. Dieser Schritt ist von entscheidender Bedeutung für eine fundierte Anerkennung und Entgegenwirkung potenzieller Auswirkungen von Biodiversitätsverlusten auf die Geschäftspraktiken der Finanzunternehmen. Einige der Befragten haben auf Konzernebene Richtlinien und Roadmaps verfasst oder sind derzeit im Begriff dies zu tun, in denen sie sich ausdrücklich verpflichten, die Biodiversität aktiv zu fördern.

Rund ein Drittel der Befragten berücksichtigen Biodiversitätsrisiken in ihren Investmentgrundsätzen.

Die Integration von Biodiversität in die Investitionsentscheidungen trägt zum Schutz der Umwelt bei. Grafik 6.2 verdeutlicht, dass mit 32 Prozent rund ein Drittel der befragten Unternehmen den Umgang mit Biodiversitätsrisiken in ihren Investmentgrundsätzen berücksichtigt. Des Weiteren haben 31 Prozent der Teilnehmenden Richtlinien implementiert, um negative Auswirkungen ihrer Investitionen auf die Biodiversität zu minimieren. Dies geschieht den Teilnehmenden zufolge oftmals über die Berücksichtigung der PAIs, beispielsweise Biozide und grüne Gentechnik.

Neben dem Ausschluss von Unternehmen, die gegen Biodiversitätsrichtlinien verstoßen (z. B. die Abholzung von Primärwäldern, Entwässerung und Degradierung von Feuchtgebieten und Mooren etc.) wird Engagement als nachhaltige Anlagestrategie ebenfalls genutzt, um Unternehmen zu ermutigen, systemische Risiken im Bereich der Biodiversität aufzudecken und zu reduzieren.

Bei einigen Teilnehmenden befindet sich die Ausgestaltung der Investmentgrundsätze in Bezug auf Biodiversitätsrisiken jedoch noch im Aufbau, andere wiederum gaben erneut eine mangelnde Datenlage als Hindernis an. Ebenso ist die Nachfrage von Investor:innenseite nach Finanzprodukten, die explizit Biodiversität adressieren, mit 8 Prozent sehr gering. Diese Herausforderungen können darauf hindeuten, dass eine verstärkte Sensibilisierung und eine verbesserte Datenverfügbarkeit erforderlich sind, um die Integration von Biodiversität in die Investitionspraktiken weiter voranzutreiben.

Ein wichtiger Aspekt qualitativ hochwertiger Daten ist auch die Entwicklung verständlicher, universeller Leitlinien, also einer Standardisierung. In diesem Zusammenhang kommt den Regulierungsbehörden eine entscheidende Rolle zu. Eine klare Standardisierung kann dazu beitragen, Biodiversitätsrisiken zu minimieren und einen einheitlichen Rahmen für die Finanzbranche zu schaffen. Dabei muss der Dialog mit den Finanzunternehmen sowie mit der Wissenschaft aktiv gefördert werden, um eine für alle angemessene, das heißt praxistaugliche und zugleich wissenschaftsfundierte Anwendung von Biodiversitätsleitlinien zu finden.

Grafik 6.3 verdeutlicht die Wahrnehmung der Teilnehmenden zur aktuellen Regulierung und der Rolle von Regulierungsbehörden in Bezug auf Biodiversität. Ein Fünftel der Beteiligten (19 Prozent) ist der Ansicht, dass die aktuelle Regulierung das Thema Biodiversität hinreichend abdeckt und weitere Regulierung kontraproduktiv wäre. Vor allem vor dem Hintergrund einer empfundenen Praxisuntauglichkeit existierender Regulierungen befürchten einige Institute eine dem Zweck hinderliche Entwicklung. Dennoch sieht die Hälfte der Befragten die Abdeckung von Biodiversitätsaspekten am Finanzmarkt als unzureichend an, was für die Notwendigkeit weiterer definitorischer Vorschriften spricht.

Hinsichtlich der Entwicklung klarer Leitlinien zur Standardisierung von Biodiversitätskriterien durch die Regulierungsbehörden zeigen sich eindeutigere Ergebnisse. Eine deutliche Mehrheit von 62 Prozent der Teilnehmenden stimmt zu, dass die Entwicklung solcher Leitlinien dazu beitragen wird, Biodiversitätskriterien zu standardisieren. Dies deutet auf eine Befürwortung einer aktiveren Rolle der Regulierungsbehörden bei der Förderung von Standardisierungsmaßnahmen für Biodiversitätskriterien hin. Die Einhaltung solcher Standards kann dazu beitragen, die Biodiversität effektiver zu schützen und dabei eine einheitliche Grundlage für Investitionsentscheidungen zu schaffen.

Impact Investments

Impact Investments nehmen für den Markt Nachhaltiger Geldanlagen immer mehr an Bedeutung zu. Die FNG-Arbeitsgruppe „Impact“ hat hierzu 2021 eine eigene Definition erarbeitet, um die Unsicherheit im Markt, die durch die Regulatorik hervorgerufen wurden, abzubauen.

In dieser Arbeitsgruppe wurde folgende Definition entwickelt:

Bei Impact Investments handelt es sich um Investitionen, die neben einer finanziellen Redite auch einen positiven Beitrag zur Lösung von ökologischen und/ oder sozialen Problemen leisten.  

Die Definition wird ergänzt von fünf weiteren Bestandteilen:

  1. Intentionalität: Mit dem Investment wird beabsichtigt, zu einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen
  2. Zusätzlichkeit: Der positive Beitrag des Investments – zum Beispiel zu den SDGs oder zur EU-Taxonomie – soll signifikant sein und glaubhaft dargelegt werden. Mögliche negative Beiträge sind hierbei auch zu berücksichtigen.
  3. Wirkungskanäle: Die (direkten oder indirekten) Wirkungskanäle des Investments sollen erläutert werden.
  4. Messbarkeit: Der positive Beitrag muss anhand messbarer Kriterien – zum Beispiel SDGs, EU-Taxonomie oder Governance-Kriterien – dargelegt werden.
  5. Transparenz: Über den positiven Beitrag muss transparent berichtet werden.[1]

 

Das erfasste Volumen von Impact Investments im diesjährigen Marktbericht entspricht 58,2 Mrd. EUR für Deutschland und Österreich und ist damit erneut eine Steigerung zu den Jahren zuvor. Vor fünf Jahren betrug das erfasste Volumen 9,5 Mrd. EUR und im Jahr 2013 1,6 Mrd. EUR. Das zeugt von einer weiterhin dynamischen Entwicklung.

Der strategische Stellenwert von Impact-Messung und -Steuerung bei der Gestaltung von Finanzprodukten wurde in diesem Jahr von 32 Prozent als sehr wichtig und von 46 Prozent als wichtig erachtet. Diese Gesamtzahl von 78 Prozent ist beachtlich und unterstreicht die langfristige Bedeutung von Impact Investments für den nachhaltigen Finanzmarkt. Jedoch ist die Zahl im Vergleich zu den Vorjahren leicht gesunken.

Die fehlende Datenverfügbarkeit wird als größtes Hemmnis für Impact wahrgenommen.

Die Teilnehmenden wurden zu wahrgenommen Hindernissen im Bereich Impact Investing befragt. Als das größte Hemmnis wird, wie auch bereits im Bereich Biodiversität, die fehlende Datenverfügbarkeit angegeben. 

Ganze 89 Prozent der Befragten führten dies in diesem Jahr als sehr wichtig oder wichtig an. In der letzten Erhebung spielte die fehlende Datenverfügbarkeit auch schon eine signifikante Rolle. Als weitere relevante Hemmnisse werden der fehlende Marktstandard (88 Prozent) und fehlende regulatorische Klarheit (81 Prozent) bemängelt. Diese drei genannten Hürden standen bereits im letzten Jahr an vorderster Stelle. Die Politik muss den Dialog mit dem Finanzmarkt und der Wissenschaft weiterhin aktiv fördern und klare, praxistaugliche Vorgaben setzen. Hierzu hat das FNG im vergangenen Jahr eine Stellungnahme veröffentlicht:[2]

Die Sorge um sogenanntes „Impactwashing“ wächst: War das Thema im Vorjahr noch 65 Prozent der Befragten „sehr wichtig“ oder „wichtig“, waren es in diesem Jahr 72 Prozent. Das dürfte einige Finanzunternehmen zusätzlich abhalten, in diesem Bereich aktiv zu werden und/ oder ihre Produkte als Impact-Produkte zu labeln.

Dass die aktuelle Datenlage zur Zurückhaltung bei der Auflage von Impact-Produkten führt, bestätigt auch die nebenstehende Grafik. Zwar wird die Datenlage im Bereich Umwelt zu 51 Prozent als gut oder sehr gut eingeschätzt, dennoch sprechen fast ein Viertel (22 Prozent) der Befragten von einer unzureichenden Datenlage. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die Anforderungen an Daten steigen bzw. Themenfelder ausgeweitet werden, z. B. auf Biodiversität. Gravierender ist die Wahrnehmung zur Datenlage im Bereich Soziales und Governance. Diese wird mit 54 Prozent für Soziales und 47 Prozent für Governance als unzureichend oder völlig unzureichend bewertet. Das spricht erneut für ein „Social Investment Framework“, wie es beispielsweise vom Arbeitskreis kirchlicher Investoren (AKI) gefordert wird.[3]

Quellen

[1] Vgl. Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V. (2021) Impact – Strategisches Zukunftsthema für den Markt Nachhaltiger Geldanlagen. Berlin.

[2] FNG Position Paper (2023): European Commission Consultation „Implementation of the sustainable finance disclosure regulation.” https://www.forum-ng.org/fileadmin/user_upload/FNG_Consultation_Response.pdf.

[3] Arbeitskreis kirchlicher Investoren (2023): Europe needs to mobilise capital for social investments. https://www.aki-ekd.de/fileadmin/user_upload/aki-ekd.de/PDFs/Social-Investment_Framework-Advocacy-Paper-October_2023_eng_letter-2.pdf.